LG Köln: Notwegerecht für Häuser im Außenbereich?
Im Falle von Nachbargrundstücken kommt es häufig auf die Frage an, ob ein Notwegerecht besteht. Einzelheiten sind häufig streitig. Mit dieser Problematik hatte sich kürzlich das Land-gericht Köln (Urteil vom 11.11.2024 - 15 O 2/23) auseinanderzusetzen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: An eine aus wenigen Häusern bestehende Häusergruppe schließt sich ein mehrere 10.000 qm großes Außenbereichsgrundstück an, auf dem sich zwei seit Jahrzehnten zu Wohnzwecken genutzte Häuser befinden. Das restliche Grundstück ist mit Wald und Wiese bewachsen und grenzt (teils steil abwärts verlaufend) mit zwei Längsseiten an öffentliche Straßen. Durch die Ansiedlung führt ein nur rudimentär aus-gebauter, als Zuwegung genutzter Privatweg, dessen sich unmittelbar vor dem Beginn des Grundstücks befindliches letztes Teilstück im Eigentum des Klägers steht. Es kommt zu eska-lierendem Streit über die Berechtigung zur Nutzung des Weges als Zufahrt und Zugang. Auf die Unterlassungsklage, in welcher auch die Unzulässigkeit der Wohnbebauung behauptet wird, reagiert die Beklagtenseite mit der Widerklage, welche zur Duldung des Notweges füh-ren soll.
Das Landgericht Köln gibt der Unterlassungsklage statt und weist die Widerklage ab. Weder die jahrzehntelange Nutzung des Weges noch das nachbarschaftsrechtliche Gemeinschafts-verhältnis verpflichte den Kläger zur Duldung des Notweges. Ein Wegerecht, aber auch eine Baulast, seien nicht eingetragen, so dass die Überfahrt den Kläger in seinem Eigentumsrecht verletze. Die Frage, ob dem Grundstück die Verbindung zu einer öffentlichen Straße fehle oder ob sie anderweitig, etwa durch Schaffung eines Weges durch den Wald oder über die Wiese in zumutbarer Weise hergestellt werden könne, lässt das Gericht ausdrücklich offen. Nachdem durch Sachverständigengutachten der Verlauf des Weges über das Grundstück des Klägers nachgewiesen wurde, erfolgte ein Ortstermin, der allerdings nach reiflicher rechtlicher Neubearbeitung des Falls nicht erforderlich gewesen wäre: Eine amtliche Auskunft des Bau-aufsichtsamts ergab, dass für beide Wohnhäuser selbst keine Baugenehmigungen vorliegen. Aus amtlicher Sicht erfolge lediglich eine Duldung. Das entspricht jedoch nicht einer ord-nungsgemäßen Nutzung, womit diese wesentliche Voraussetzung des § 917 Abs. 1 BGB nicht als gegeben festgestellt werden kann.
Fazit: Das Urteil betont einen häufig in Zivilrechtsverfahren nicht konsequent vertieften As-pekt, nämlich die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Nutzung, für welche das Notwege-recht beansprucht werden soll. Zur ordnungsgemäßen Benutzung eines Grundstücks i.S.d. § 917 Abs. 1 BGB gehört ein Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Auch hier gab es Baugenehmigungen für Nebengebäude mit Arbeitsräumen und eine Ausbaugenehmi-gung für ein Dachgeschoss zu Wohnzwecken. Die Baukörper selbst verfügen aber nicht über Baugenehmigungen, schon gar nicht als Wohngebäude. Das BVerwG hat 1996 den Zusam-menhang zwischen Duldung und Notweg herausgearbeitet. Es ist deshalb bei der Bearbeitung solcher Fälle, und zwar sowohl auf Beklagten- als auch auf Klägerseite grundsätzlich sinnvoll, dann, wenn auch nur geringe Zweifel an der Genehmigungssituation bestehen, die Bauakten zu prüfen und beim Gericht ausdrücklich zu beantragen, eine amtliche Auskunft einzuholen. Für Eigentümer solcher Gebäude auf zugangslosen Grundstücken droht eine weitergehende Einschränkung der Nutzung des Grundstücks. Denn nicht in jeder Grundstückssituation kann man auf diesem selbst eine Zuwegung errichten (Landschafts- oder Naturschutz könnten z.B. entgegenstehen), und Ausnahmegenehmigungen können grundsätzlich für eine rechtswidrige und nur geduldete Situation nicht erteilt werden. In eher ländlich strukturierten Regionen ist das Problem durchaus häufig anzutreffen. Sofern entsprechende Hinweise auf die Genehmi-gungsproblematik vorliegen, ist es unbedingt angezeigt, vor Eintritt in einen Rechtsstreit den Sachverhalt in dieser Hinsicht aufzuklären und entsprechende Beratungshinweise zu erteilen.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Rechtsanwalts-kanzlei Dr. Meurer, Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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