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VGH Bayern: Eigentümer trägt Beweislast für Bestandsschutz

In verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten wird häufig der Einwand „Bestandsschutz" erhoben. Oftmals handelt es sich allerdings um ein Missverständnis, da das Argument Bestandsschutz weit seltener eingreift als unter Laien vermutet.

Mit der Frage des Bestandsschutzes hatte sich kürzlich das VGH Bayern (Beschluss vom 20.09.2024 - 1 CS 24.1020) zu beschäftigen. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Antragsteller (ASt) wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der Beseitigung einer auf seinem Grundstück befindlichen Mauer sowie einer Auffüllung/ Anschüttung. Das Grundstück liegt im Geltungs-bereich eines Bebauungsplans aus dem Jahr 1995. Die Mauer sowie die Auffüllung liegen in-nerhalb des dort festgesetzten Überschwemmungsgebiets, das von jeglicher Bebauung freizu-halten ist. Der Antragsgegner (Landratsamt) begründete die vorgenannte Verfügung damit, dass bei der Errichtung der Mauer von einem Zeitraum zwischen 1975 und 1997 ausgegangen werde. Seit dem 01.05.1966 bestehe jedoch im Regierungsbezirk Oberbayern aufgrund einer Verordnung eine Genehmigungspflicht für Anlagen in oder an Gewässern dritter Ordnung, somit auch für das Baugrundstück. Die Mauer liege auch im faktischen Überschwemmungs-gebiet, bei einem 100jährigen Hochwasserereignis würde das Grundstück sowie das östliche Nachbargrundstück größtenteils überflutet. Durch die Mauer werde das Wasser oberhalb auf-gestaut und entlang der Mauer auf das Nachbargrundstück geleitet. Gegen die sofort voll-ziehbare Beseitigungsverfügung erhob der ASt Klage beim Verwaltungsgericht und beantrag-te zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das Verwal-tungsgericht lehnte den Antrag ab und begründete dies damit, dass die streitgegenständliche Beseitigungsverfügung rechtmäßig sei. Die streitgegenständlichen baulichen Anlagen seien formell und materiell illegal. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei im Hinblick auf die Ge-fährdungslage für das Nachbargrundstück gerechtfertigt. Mit seiner Beschwerde verfolgt der ASt sein Rechtsschutzbegehren weiter. Für die Mauer bestehe aufgrund ihres länger zurück-liegenden Errichtungsdatums Bestandsschutz, jedenfalls hätten Teile der streitgegenständli-chen Mauer aufgrund der geringen Höhe genehmigungsfrei errichtet werden können. Eine formelle Illegalität bestehe daher nicht.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der VGH hat hinsichtlich der Frage, ob sich der ASt auf einen Bestandsschutz stützen könne, ausgeführt, dass der vom ASt behauptete Nachweis, dass sich aus Luftbildern ergebe, dass die Mauer bereits vor dem Jahr 1961 errichtet worden sei und genehmigungsfrei gewesen wäre, nicht erwiesen sei. Aus den vorgelegten Luftbildern aus dem Jahr 1961 sei für den Senat die streitgegenständliche Mauer nicht zu erkennen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand gäbe es daher keine hinreichenden Anhaltspunkte da-für, dass sich die Frage des genauen Zeitpunkts der Errichtung der Mauer klären lasse. Für die Frage, ob die Mauer im Zeitpunkt ihrer Errichtung genehmigungsfrei bzw. materiell rechtmä-ßig war, trage jedoch der ASt die Darlegungs- und Beweislast. Berufe sich ein betroffener Eigentümer gegen eine bauordnungsrechtliche Verfügung auf den Bestandsschutz, so trage dieser hierfür die Darlegungs- sowie materielle Beweislast und damit das Risiko der Nichter-weislichkeit. Die Nichterweislichkeit des Zeitpunkts der Errichtung der Mauer und damit ihrer Rechtskonformität gehe zu seinen Lasten. Soweit der ASt vortrage, dass aufgrund der gerin-gen Höhe Teile der Mauer genehmigungsfrei hätten errichtet werden können, führe dies nicht zu einer formellen Legalität dieser Teile der Mauer. Für sich gesehen Genehmigungsteile eines Vorhabens werden von der Baugenehmigungspflicht erfasst, wenn sie unselbstständige Teile eines genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens sind und mit diesem eine Einheit bilden, so dass hier die Mauer, die aus drei Teilabschnitten besteht, insgesamt der Genehmigungspflicht unterlag und nicht in genehmigungspflichtige und genehmigungsfreie Teile aufgespalten wer-den könne.

 

Fazit:
Die Entscheidung verdeutlicht wieder einmal das große Risiko für Grundstückseigentümer, wenn auf ihrem Baugrundstück eine bauliche Anlage vorhanden ist, die nach dem heutigen Recht materiell illegal ist (Lage im Außenbereich, kein Einfügen nach § 34 BauGB, Lage im Überschwemmungsgebiet etc.) und eine schriftliche Baugenehmigung nicht vorgelegt werden kann. Kommt es in derartigen Fallkonstellationen zu einer ordnungsbehördlichen Verfügung (Beseitigungsverfügung, Nutzungsuntersagungsverfügung), obliegt es dem Eigentümer, den Nachweis zu führen, dass die bauliche Anlage entsprechend dem damals geltenden Recht errichtet wurde. Bleiben bei diesem Nachweis auch nur geringe „Restzweifel", ist dieser Nachweis nicht zur Überzeugung des Gerichts geführt. Die Nichterweislichkeit geht dann zu Lasten des Eigentümers, da dieser sich auf dieses „Gegenrecht" beruft. Die Entscheidung zeigt ebenso, dass es bei einheitlichen Baumaßnahmen nicht möglich ist, diese in „genehmi-gungsfreie" und „genehmigungspflichtige" Teile aufzuteilen. In der Praxis spielt dies insbe-sondere oftmals eine Rolle, wenn mit der Baumaßnahme ohne Vorliegen einer Baugenehmi-gung bereits begonnen wurde. Da dann für die Baumaßnahme insgesamt eine Genehmigungs-pflichtigkeit besteht, führt dies dazu, dass die Bauaufsichtsbehörde sofort vollziehbar die Baumaßnahmen untersagen kann. Die Durchführung der genehmigungsfreien Maßnahmen kann gegebenenfalls auch dazu führen, dass der Bestandsschutz hierdurch verlorengeht und dann bei zwingenden Genehmigungshindernissen (Lage im Außenbereich etc.) eine neue Bau-genehmigung nicht erteilt werden kann, somit ein Abbruch des Gebäudes droht. Auch hier sollte daher in Zweifelsfällen stets das Baugenehmigungsverfahren abgewartet werden, bevor mit dem Bau begonnen wird.

 

Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Rechtsanwalts-kanzlei Dr. Meurer, Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim


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