Amtsgericht Brandenburg: Ein rechtswidriges „Hausverbot“ begründet den Erlass einer einstweiligen Verfügung
Darf ein Vermieter einer Wohngemeinschaft bei einzelnen Mietern ein Hausverbot ausspre-chen und einzelne Mieter vom gänzlichen Zugang zur Mietsache ausschließen? Mit dieser Fra-ge hatte sich kürzlich das Amtsgericht Brandenburg (Urteil vom 25.11.2024 - 30 C 194/24) auseinanderzusetzen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Verfügungskläger ist Untermieter einer Mehrzimmerwohnung und dort eines Zimmers in einer WG und als solcher zur Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Räume berechtigt. Der Verfügungsbeklagte ist Vermieter der einzel-nen Zimmer der WG. Dort sei es zu den behaupteten Übergriffen des Untermieters auf Mit-bewohnerinnen in der WG gekommen. Der Vermieter erteilte mit Schreiben vom 05.09.2024 ein Betretungsverbot für die Wohnräume sowie für die mitgenutzten Räumlichkeiten. Einen Verbleib des Untermieters erwies sich aus Sicht des Vermieters als unzumutbar und er sei bei einer Zuwiderhandlung gegen das „Hausverbot" unverzüglich wegen Hausfriedensbruchs an-zuzeigen. Am 10.09.2024 beantragte der Untermieter den Erlass einer einstweiligen Verfü-gung und begründete diese u.a. damit, dass ihm der Besitz und Mitbesitz an der streitgegen-ständlichen Wohnung einseitig ohne berechtigtes Interesse entzogen sei. Am 10.09.2024 hat das Amtsgericht die einstweilige Verfügung erlassen und dem Untermieter den Zugang und somit den Mitbesitz an der Wohnung wieder eingeräumt. Gegen die einstweilige Verfügung legte der Vermieter Widerspruch ein.
Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen. Dem Untermieter war der Besitz am gemieteten Zimmer und den übrigen Räumlichkeiten gem. §§ 535, 812, 858 Abs.1, §§ 861, 862 BGB wieder einzuräumen. Der Anspruch auf das verhängte „Hausverbot" mit dem eigenmächtigen Aussperren seien rechtswidrig. Die Räumung und Herausgabe sei in der Regel auf § 546 Abs. 1 BGB zu stützen. Ein Herausgabeanspruch habe ebenso wenig aufgrund besitzrechtlicher Ansprüche gem. §§ 861, 862 BGB bestanden. Es habe kein berechtigtes Interesse bestanden, ein „Hausrecht" auf ein besitzentziehendes Haus-verbot auszuweiten. Dem Vermieter sei zumutbar gewesen, Ansprüche auf Räumung und Herausgabe auf gerichtlichem Wege zu realisieren. Ein Hausverbot bleibt selbst dann rechts-widrig, wenn der Anspruch auf Räumung und Herausgabe zu Gunsten des Vermieters be-standen habe. Ein Ausnahmefall, hier ein Fall der Besitzkehr gem. § 859 BGB, habe nicht vorgelegen. Mit der Entziehung des räumlichen Zutritts infolge des Hausverbots sei übermä-ßig in den berechtigten Besitz eingegriffen worden. Dieser eigenmächtige Schritt habe dazu geführt, dass eine Nutzung des Untermieters mittels verbotener Eigenmacht gem. § 858 BGB entzogen worden sei. Die Untersuchung der Frage, ob eine berechtigte Inbesitznahme durch den Vermieter vorgelegen habe, sei hierfür unerheblich gewesen. Auf petitorische Einwen-dungen i.S.d. § 863 BGB habe sich der Vermieter nicht berufen.
Fazit: Ein vorschnelles Hausverbot mit eigenmächtiger Besitzentziehung kann für einen Ver-mieter teuer werden. Die Rechtsprechung erkennt in diesen Fällen grundsätzlich eine Eilbe-dürftigkeit und somit einen berechtigten Verfügungsgrund des Mieters, so dass ihm der Besitz an der Mietersache unverzüglich wieder einzuräumen ist. Dies gilt insbesondere im Fall einer Besitzentziehung durch „kalte Räumung".
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Rechtsanwalts-kanzlei Dr. Meurer, Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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