LG München: Nachhaltige Störung des Hausfriedens kann fristlose Kündi-gung auch ohne Abmahnung rechtfertigen
LG München: Nachhaltige Störung des Hausfriedens kann fristlose Kündi-gung auch ohne Abmahnung rechtfertigen
In einem Mehrparteienhaus kommt es häufig zu einer Störung des Hausfriedens. Wie nachhal-tig muss aber die Störung sein, damit auch ohne Abmahnung eine fristlose Kündigung berech-tigt ist? Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Landgericht München (LG München I, Be-schluss vom 13.07.2023 - 14 S 6310/23) auseinanderzusetzen.
Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Parteien sind durch einen Mietver-trag miteinander verbunden. Der Mieter ruft über den Notruf bei der Polizei an und behauptet bewusst wahrheitswidrig, dass in der Wohnung eines anderen Mieters im selben Gebäude ge-rade eine große Naziparty stattfinden würde. Auf dieser Party würden auch rechte Parolen gebrüllt werden. Dadurch fuhr die Polizei mit drei Streifenwagen zur Wohnung des anderen Mieters. Tatsächlich fand die Polizei in dieser Wohnung nur ein sichtlich überraschtes ver-schlafenes Pärchen vor. Eine lautstarke Nazi-Party hat schlichtweg nicht stattgefunden. Der Vermieter kündigt aufgrund dessen das Mietverhältnis außerordentlich fristlos. Der Mieter widerspricht der Kündigung und meint u. a., dass zuvor eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen. Der Vermieter erhebt Räumungsklage.
Urteil: Der Klage wird stattgegeben. Dem Vermieter steht ein Anspruch auf geräumte Her-ausgabe der Wohnung zu, weil der Vermieter das Mietverhältnis durch Kündigung beendet hat. Ein zur fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Mieter schwer wiegend den Hausfrieden stört. Zwar reichen kurze bzw. einmalige Störungen des Hausfriedens regelmäßig nicht für eine fristlose Kündigung aus. Die Erstattung einer Anzeige bei der Polizei unter Vortrag unwahrer Tatsachen, die aufgrund des rechtsext-remen Bezugs besonders schwer wiegen, kommt einer Verleumdung gleich. Nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB ist eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich, wenn die sofortige Kün-digung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Eine Abmahnung ist danach entbehrlich, wenn durch das Fehlverhalten des anderen Teils die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so schwer wiegend erschüttert ist, dass sie auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann. Der Vermieter muss vorliegend das Verhalten des Mieters gegenüber anderen Hausbewohnern nicht hinneh-men und muss auch den Ablauf der Kündigungsfrist nicht abwarten.
Fazit: Die Straftat ist nicht nur dann eine Vertragsverletzung, wenn sie gegenüber dem Ver-mieter erfolgt. Notwendig ist allein ein Bezug zum Mietverhältnis, so dass diese auch dann eine Vertragsverletzung darstellt, wenn sie gegenüber dem Mitarbeiter des Vermieters, gegen-über dem Hausverwalter oder gegenüber einem anderen Hausbewohner verübt wird.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Rechtsanwalts-kanzlei Dr. Meurer, Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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