OLG Hamm: Wer Mängel verschweigt, dem droht die Arglisthaftung
In der
Praxis stößt man immer wieder auf die Meinung von Verkäufern, dass ein
vollständiger Ausschluss der Gewährleistung bei einem Grundstückskaufvertrag
absoluten Schutz vor einer Haftung für Mängel biete. Dem ist aber keineswegs
so. In jedem Fall unberührt bleibt nämlich die im Übrigen sehr weit reichende
Haftung, wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschweigt. Wann genau liegt aber Arglist vor?
Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom
18.07.2016, 22 U 161/15) auseinanderzusetzen. Dem Urteil lag folgender
Sachverhalt zu Grunde: Der Kaufvertrag über ein Einfamilienhaus enthält einen
vollständigen Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel. Das Gebäude weist
jedoch verschiedene, zum Teil erhebliche Mängel auf. Der Käufer stellt diese
kurze Zeit nach Übergabe des Objekts fest. Insbesondere ist der Keller so
undicht, dass bei stärkerem Regen das Wasser in flüssiger Form breitflächig in
den Keller fließt. Der Käufer sieht sich getäuscht und erklärt zunächst die
Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen i.H.v. 110.000 Euro gegen die
Kaufpreisforderung. Nachfolgend erklärt der Käufer sogar den Rücktritt vom
Kauvertrag. Der Verkäufer betreibt wegen der Kaufpreisforderung die
Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde. Der Käufer erhebt
Vollstreckungsgegenklage und verweist auf den erklärten Rücktritt. Das
Landgericht gibt der Klage statt, der Verkäufer geht in Berufung.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Das
OLG bestätigt die Entscheidung des Landgerichts, stützt sich allerdings nur
darauf, dass der Käufer wegen arglistiger Täuschung des Verkäufers wirksam vom
Kaufvertrag zurückgetreten sei. Das OLG sieht es als erwiesen an, dass der
Verkäufer dem Käufer den Mangel des nassen Kellers arglistig verschwiegen habe.
Der Käufer habe sogar ausdrücklich gefragt, ob der Keller trocken sei. Es habe
eine Aufklärungspflicht bestanden, denn der Keller sei eben nicht nur feucht.
Dass Wasser so ungehindert eindringt, sei auch mit Blick auf das Baujahr des
Kellers nicht üblich. Es sei dem Käufer auch nicht anzulasten, dass er das Haus
mehrfach und intensiv angeschaut habe. Zwar sei Feuchtigkeit an Kellerwänden
durchaus auch für einen Laien erkennbar. Nicht erkennbar sei aber, dass bei
starkem Regen das Wasser in flüssiger Form und breitflächig in den Keller
strömt.
Fazit: Die
Arglisthaftung kommt insbesondere bei der Verletzung von Offenbarungspflichten
oder bei nicht richtiger Beantwortung von Fragen des Käufers in Betracht.
Bestimmte Mängel muss der Verkäufer ungefragt offenlegen. Fragen des Käufers
muss der Verkäufer aber in jedem Fall richtig und vollständig beantworten, auch
wenn den Käufer insoweit keine Offenbarungspflicht getroffen hätte. Selbst wenn
aber ein Verkäufer auf alle Mängel hingewiesen hat, droht noch Gefahr. Denn ihn
trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass der Käufer Kenntnis vom Mangel hat.
Es ist daher Verkäufern dringend anzuraten, die Mängel, auf die der Käufer vor
dem Kauf hingewiesen wurde bzw. die er kennt, ausdrücklich im Kaufvertrag bzw.
in einer als Anlage beigefügten Liste zu erwähnen. Käufer wiederum sollten sich
nicht auf die Möglichkeit der Arglisthaftung verlassen. Ihnen ist vielmehr zu
empfehlen, die Immobilie vor dem Kauf durch einen geeigneten Sachverständigen
auf etwaige wesentliche Mängel begutachten zu lassen. Versierte Sachverständige
kennen die typischen Risiken. Eindringendes Wasser im Keller gehört dabei zu
den „Klassikern“ möglicher wesentlicher Mängel.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer,
Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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