Landgericht Hanau: Tiefbauunternehmen muss sich über Leitungsverlauf eigenverantwortlich vergewissern
Im Rahmen von Tiefbauarbeiten kann es
schnell zu Beschädigungen kommen. Welche Pflichten hat ein Tiefbauunternehmen?
Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Landgericht Hanau (Urteil vom
23.01.2015, 9 O 751/14) auseinanderzusetzen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt
zu Grunde: Bei Arbeiten für einen Kabelnetzausbau werden durch ein
Tiefbauunternehmen Leerrohre im Spülbohrverfahren verlegt und ein Hausanschlusskanal
beschädigt. Dies führt zu einem Rückstau des Abwassers bis in den Keller. Der
Eigentümer begehrt Ersatz des entstandenen Schadens von rund 17.000 Euro in
Form der Kosten für Spülungen und Kamerabefahrung des Kanals sowie
Sachverständigenkosten nebst Erstattung von Reparaturkosten am Kanal, den der
Eigentümer der Stadt ausgleichen musste. Das Tiefbauunternehmen wendet ein,
dass ihm schließlich durch seinen Auftraggeber konkrete Vorgaben für die
vorzunehmenden Bohrungen und den Verlauf derselben gemacht wurden. Das Gericht
wirft dem Tiefbauunternehmen vor, der Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit der
Überprüfung des Verlaufs der Versorgungsleitungen nicht genügend nachgekommen
zu sein, und verurteilt das Unternehmen zur Erstattung des Schadens.
Das Urteil ist zutreffend. Ein
Tiefbauunternehmen, das in öffentlichen Straßen und Wegen Bohrungen und
Grabungen vornimmt, muss sich besonders sorgfältig und gewissenhaft
über die Lage von Versorgungsleitungen vergewissern. Hier hat das
Tiefbauunternehmen keine Informationen über den Verlauf von Leitungen beim
Versorgungsunternehmen eingeholt. Das Gericht sieht darin einen Verstoß gegen
die Sorgfaltspflicht und ein fahrlässiges Handeln, das das Tiefbauunternehmen
zum Ersatz des durch die Beschädigung des Hausanschlusskanals entstandenen
Schadens aus unerlaubter Handlung verpflichtet. Den Einwand des Tiefbauers,
sein Auftraggeber habe ihm schließlich den Verlauf der Bohrungen vorgegeben,
lässt das Gericht nicht gelten. Selbst wenn solche Vorgaben gemacht worden
wären, hätte das Tiefbauunternehmen in Anbetracht der mit der Verletzung von
Versorgungsleitungen verbundenen erheblichen Gefahren den Vorgaben
nicht ohne eigene Prüfung nachkommen dürfen. Der Tiefbauer hätte zumindest sicherstellen
müssen, dass sich sein Auftraggeber bei den zuständigen
Versorgungsunternehmen über den Verlauf der Leitungen informiert und dies
bei der Vorgabe des Bohrungsverlaufs auch hinreichend berücksichtigt hat,
beispielsweise durch Einsicht in die entsprechenden Pläne. Da das Tiefbauunternehmen
den Angaben für den Bohrungsverlauf blind gefolgt ist und sich über den
Leitungsverlauf nicht eigenverantwortlich vergewissert hat, ist es dem
Eigentümer auch zum Schadensersatz verpflichtet.
Fazit: Ein Tiefbauunternehmen sollte sich nie „blind“ auf die Angaben der
Auftraggeber verlassen, wenn diese nicht beispielsweise durch Planunterlagen
und dergleichen nachgewiesen sind. Die Messlatte für die Sorgfaltspflicht liegt
hoch! Ein Tiefbauunternehmen muss sich die Informationen über den Verlauf der
Leitungen dort verschaffen, wo die entsprechenden Unterlagen vorhanden sind,
das heißt regelmäßig bei den zuständigen Versorgungsunternehmen.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer,
Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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