OVG Münster: „Schwarzbau“ muss abgerissen werden!
Gelegentlich kommt es vor, dass der
Eigentümer eines Objekts eine Abrissverfügung erhält, obwohl zuvor das Objekt
ohne Beanstandung seit 50 Jahren genutzt wurde. Häufig schaltet er dann
wutentbrannt einen Rechtsanwalt ein und beauftragt ihn, hiergegen vorzugehen.
Welche Erfolgsaussichten hat er? Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das OVG
Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.04.2016 - 7 A 1367/14)
auseinanderzusetzen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Eigentümer eines
Wochenendhauses aus den 1960er Jahren im Außenbereich haben von der zuständigen
Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung für dieses Wochenendhaus
erhalten. Hiergegen wehren sich die Eigentümer mit einer Klage.
Die Klage wird abgewiesen. Die
Beseitigungsanordnung sei rechtmäßig. Das Wochenendhaus sei im Außenbereich
unzulässig. Das Gebäude sei sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig,
mithin illegal. Das Wochenendhaus sei nicht genehmigt und sei auch nicht
genehmigungsfähig. Des Weiteren bestehe auch kein Bestandsschutz. Bestandsschutz
liege nur vor, wenn die Anlage zu irgendeinem Zeitpunkt ausdrücklich
genehmigt wurde oder jedenfalls materiell zulässig gewesen ist. Dies
sei hier nicht der Fall. Eine Duldung des Gebäudes, die einer
Beseitigungsverfügung im Wege stünde, bestehe ebenfalls nicht. Hierbei sei
zwischen aktiver und passiver/ faktischer Duldung zu unterscheiden. Faktische
Duldung meine, dass die Behörde einen illegalen Zustand über einen
längeren Zeitraum hinnimmt. Die faktische Duldung könne
grundsätzlich keinen Vertrauenstatbestand begründen, dass der illegale
Zustand auch künftig hingenommen werde. Bei faktischer Duldung sei ein späteres
bauaufsichtsrechtliches Einschreiten daher zulässig. Nur im Rahmen einer aktiven
Duldung könne sich ein Vertrauensschutz gegen bauaufsichtsrechtliches
Einschreiten ergeben. Hierfür müssten entsprechende Erklärungen der Behörde
vorliegen, aus denen sich mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, ob, in welchem
Umfang und gegebenenfalls in welchem Zeitraum die Duldung des illegalen
Zustands erfolgen soll. Eine solche aktive Duldung liege nicht vor. Zwar habe
ein Vergleich mit den zwischenzeitlich verstorbenen Eltern der Eigentümer in
Bezug auf eine vorübergehende Duldung bestanden. Dieser sei jedoch ausdrücklich
auf die Lebenszeit der Eltern beschränkt gewesen. Die Eigentümer könnten
hieraus für sich selbst keinen Vertrauensschutz ableiten. Es liege auch kein
Ermessensfehler seitens der Bauaufsicht bei der Entscheidungsfindung vor. Die
Entscheidung der Behörde sei hinreichend begründet, insbesondere bestünden
keine Anhaltspunkte dafür, dass im Rahmen der Stichtagsregelung ausnahmsweise
von einer Beseitigungsanordnung abzusehen sei.
Fazit: Bauaufsichtsbehörden
haben darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die
aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Ist
ein Gebäude formell und materiell illegal, kann die Bauaufsicht eine
entsprechende Beseitigungsanordnung erlassen. Ausnahmen können im Einzelfall im
Rahmen der sog. „Stichtagsregelung“ für Schwarzbauten, die vor Ende des Zweiten
Weltkriegs errichtet wurden, erfolgen. Bestandsschutz greift nur, wenn die jeweilige Anlage zu irgendeinem Zeitpunkt
ausdrücklich genehmigt worden oder jedenfalls materiell zulässig gewesen und
der so bewirkte Bestandsschutz nicht nachträglich entfallen ist.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer,
Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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