OLG Karlsruhe: Ein Unternehmer darf bei fehlender Zahlung der Abschlagsrechnung erst nach Nachfristsetzung die Arbeiten einstellen
In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass Kleinbetriebe die Arbeiten
einstellen, wenn ihre Abschlagsrechnung nicht ausgeglichen wird. Dieser Weg ist
riskant. Dies zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Karlsruhe.
Dem Urteil (Urteil vom 28.05.2014, 4 U 296/11) lag folgender Sachverhalt
zu Grunde: Der klagende Auftragnehmer (AN) nimmt den Auftraggeber (AG) auf
Zahlung restlichen Werklohns aus Stahlbauarbeiten aus mehreren Bauvorhaben in
Anspruch, wobei der AG die Verträge vor Fertigstellung der Arbeiten durch den
AN gekündigt hatte. Zuvor hatte der AN eine Abschlagsrechnung gestellt, die vom
AG weit überwiegend - aber dennoch nicht vollständig - ausgeglichen wurde. Eine
Nachfristsetzung zur Zahlung des nicht beglichenen Teilbetrags aus der
Abschlagsrechnung war seitens des AN nicht erfolgt. Stattdessen hatte der AN in
der Folge seine Leistungen unter Hinweis auf die fehlende Teilzahlung
eingestellt. Zudem drohte die Überschreitung der vertraglich vereinbarten
Herstellungsfrist. Der AG kündigte sodann den Vertrag, beauftragte einen Ersatzunternehmer
und macht die daraus folgenden Mehrkosten geltend.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe gibt
der Klage statt. Der AN sei nicht berechtigt gewesen, die Arbeiten
einzustellen. Es fehle nicht nur an einer prüfbaren Aufstellung über die
erbrachten Leistungen im Rahmen der Abschlagsrechnung, sondern vor allem an
einer - auch nicht ausnahmsweise entbehrlichen - Nachfristsetzung. Eine
solche Fristsetzung sei allerdings Voraussetzung, um die weiteren Leistungen
einstellen zu dürfen. In der Ablehnung der weiteren Ausführung liege
zudem eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung, zumal die Überschreitung
der Herstellungsfrist drohte. Daher sei die Kündigung des AG berechtigt.
Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend.
Es wird allerdings deutlich, dass der Auftragnehmer auch beim Erstellen von
Abschlagsrechnungen sorgfältig zu arbeiten hat und nicht einfach „irgendetwas“
abrechnen darf. Der Auftraggeber muss in der Lage sein, die erbrachten
Leistungen rasch und sicher zu beurteilen, was nur durch eine prüfbare
Aufstellung der vertragsgemäßen Leistungen erfolgen kann. Vor allem dann, wenn
an eine nicht bezahlte Abschlagsrechnung weit reichende Konsequenzen wie die
Einstellung der Arbeiten geknüpft werden sollen, muss der Auftragnehmer wegen
des Risikos einer Kündigung durch den Auftraggeber sehr genau nachvollziehen,
ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür ebenso gegeben sind wie eine
inhaltlich ausreichende Abschlagsrechnung. Im Übrigen gibt es für den AN
oftmals auch sicherere Alternativen als eine Arbeitseinstellung aufgrund
fehlender Abschlagszahlung, so etwa ein Sicherheitsverlangen.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer,
Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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